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Gestern war Reisetag und wir saßen wieder im Zug (wieder in einem ICE mit 300 km/h und dann in einem Regionalzug mit 200 km/h) und ich bin begeistert und verängstigt gleichermaßen. Uwe meint, ich wiederhole mich. Aber China ist wirklich ziemlich krass. Mein Lieblingswort, das ich hier circa 20 mal am Tag benutze, ist: „Wahnsinn!“ Wie kann ein Land mit 1,3 Milliarden Einwohnern, so sauber, so durchorganisiert, so modern sein. Wie kann ein Land, ein paar Millionen Wohnungen zu viel gebaut haben (die dann dummerweise als Investitionsruinen in der Landschaft rumstehen) und wir kriegen nicht mal ein paar Wohnungen mehr hin? Die Chinesen können keinen Grund und Boden kaufen, sondern kaufen sich nur eine Wohnung. Für 70 Jahre. Wenn dann plötzlich eine Schnellbahntrasse gebaut wird und Platz für einen Bahnhof benötigt wird, bekommst du eben eine Wohnung an anderer Stelle. Hast du keinen Job, bekommst du ein Besen in die Hand gedrückt. Verdienst Geld und fegst das Land sauber. Blätter gibt es genug, die runterfallen. 

Äh, nur noch kurz zur Info: Wuhan hat knapp 13 Mio Einwohner. Und einen mehrstöckigen Bahnhof, der sowohl den BER als auch den Hauptbahnhof in Berlin blass aussehen lassen. Übrigens ist alles im Bahnhof so organisiert wie in einem durchschnittlichen Flughafen, was ziemlich viel Sinn macht. Hier gibt es kein gefährliches Gedrängel am Bahnsteig sondern entspannte Wartebereiche. Da könnten unsere Planer noch einiges lernen.

Umsteigen in Wuhan. Von hier startete Corona, wir sind erstaunt, dass so wenig Menschen hier in dieser Stadt eine Maske tragen. War´n Scherz. Aber uns wundert nicht mehr, dass alle diese Städte über 10 Millionen Einwohner haben.

Das ist unser Hotel auf dem Wasser, die Victoria Isabella. Angeblich soll sie heute Nacht ablegen. Mal sehen.

Aber jetzt ist es soweit: Wir holen den Rollator raus, weil unsere Flusskreuzfahrt beginnt. Nach Opa Ebs (für alle die Opa Ebs, den Vater von Sylke nicht kennen: Er ist 89 Jahre alt) machen das ja nur ganz alte Menschen. Er nicht. Wir sind am Drei Schluchten Staudamm. Hier wird der Yangtze durch eine 2600 Meter lange, 185 Meter hohe und oben 22 Meter, unten 120 Meter breite Staumauer aufgehalten. Alles Superlative inklusive diverser anderer technischer Daten die jeder selber googeln kann. Es würde sonst den Blog sprengen. Leider fahren wir mit dem Schiff nicht, sondern fahren mit dem Bus zur Staumauer. Das Schiff ist eigentlich nur unser Hotel. Mal sehen wann es ablegt, denn wir „wohnen“ schon seit gestern hier.

Wir hatten nicht die besten Perspektiven, um den Damm zu fotografieren, aber es war auf jeden Fall beeindruckend.
Nur kurz: Die Schiffe überwinden in fünf Schleusenkammern eine Höhe von 113 Metern. Jede Schleusenkammer ist 23 Meter hoch. Allein jedes Schleusentor ist so groß wie zwei Basketballfelder.
Kleinere Schiffe nutzen nicht die Schleuse, sondern den größten Aufzug der Welt (drunter machen es die Chinesen ja nicht). Die Einfahrt dazu sieht man links im Bild. Das Schiffshebewerk kann Schiffe bis 3000 BRT aufnehmen und die 113 Meter nach oben (bzw. unten) transportieren. Übrigens haben deutsche Ingenieurbüros massgeblich an der Planung und Realisierung mitgearbeitet.

Was den Staudamm angeht: Geht’s auch ein bisschen kleiner? Größenwahnsinn? Um die Leute vor Hochwasser zu schützen? Strom zu erzeugen? Den Fluss 600 km länger schiffbar zu machen? Ich weiß nicht, warum eine Regierung beschließt, 1,3 Millionen Menschen umzusiedeln inklusive Firmen, Infrastruktur etc. etc. für dieses Projekt.

Das Museum (Hubei Umsiedlungs Museum) kennt nicht mal Edi unser Reiseleiter. Dabei ist es kaum 500 Meter vom Anleger entfernt. Aber es war sehr interessant, auch wenn wir die einzelnen Schrifttafeln nur (verbotenerweise, weil Google darf es ja nicht geben hier in China) mit dem Translater übersetzen konnten. Da wäre noch Luft nach oben.
Da wurde dann schon mal im Vorfeld ein bisschen Panik verbreitet. Alle Häuschen ab 175 Metern hätten nach Fertigstellung des Damms dann direkten Seezugang gehabt.
Was für eine Aktion: Die ganze Stadt war dann unter Wasser und vorher mussten alle ihre Wohnungen verlassen. Das Bild unten zeigt wie es heute dort aussieht. Sylke (siehe Beitragsbild) hat dann schon einmal am Eingang des Museums sich mit den Umsiedlern solidarisch erklärt und wollte mit anpacken. Kam aber 30 Jahre zu spät.

Vorstellbar ist es für uns nicht, obwohl wir heute früh noch im Umsiedler – Museum waren (leider nur auf Chinesisch). Bei uns werden Bahntrassen umverlegt, nur weil ein Lurch entdeckt wurde. Brücken werden anders geplant, weil eine Hufeisennase entdeckt wurde. Mir fehlen einfach die Worte, was alles hier möglich ist. Das eine, wie das andere ist irgendwie nicht optimal. Gibt es nicht ein Mittelweg zwischen einem Lurchbaustopp und umsiedeln von 1,3 Millionen Menschen, fast ausschließlich Bauern?

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2 Responses

  1. Wir sind selbst Teilnehmer dieser Reise und sind geflasht, wieviel interessante Informationen ihr gesammelt habt. Respekt.
    Und äußert praktisch für uns, denn dann brauchen wir selbst kein Tagebuch führen 😊
    Wir folgen euch gerne und lassen das Erlebte somit nochmals Revue passieren👍

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