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Unser Aufenthalt in Indien nähert sich dem Ende. Am Mittwoch geht es zurück nach Hause. Vorher musste Sylke aber noch eine zweite Purgation (so wird das Reinigungsprogramm der gesamten Innereien genannt) über sich ergehen lassen. Uwe hat das mal großzügig abgewählt. (Ich hab dem Doktor fest in die Augen geschaut, als er fröhlich meinte: „Und morgen ändert sich das Treatment, weil es ist ja Purgation Tag“. Ich habs erstmal nicht verstanden, weil hier ja kein Englisch gesprochen wird, wie wir es kennen. Bei der dritten Wiederholung war dann aber meine Antwort ein lapidares: „Without me“. Der gute Doc hat mich angesehen, als ob bei ihm gerade das Abführmittel wirken würde). Alles andere war aber wieder sehr abwechslungsreich diese Woche.

Jetzt wo unser Tempelfest vorbei ist und alle Buden und Bühnen abgebaut sind hat man einen ungestörten Blick auf das Monument von Shiva. Der eigentliche Tempel ist hinter dem Fotografen und darf nicht fotografiert werden. Und täglich grüßt der Hopper-Dedger rechts im Bild.

Tagesablauf ungefähr so: Sylke Meditation und Yoga, Uwe ausschlafen, Frühstück, Strand, Massage bzw. Treatment, Mittagessen, Strand, Rumlungern, Abendessen, Bett. Übrigens: Bei jeden zweiten Komma wird geduscht. Was man denn alles so von Haut und Haaren waschen muss: Schweiss, Salz, Sand, Öl, Asche o.ä. (wegen der Segnung nach dem Treatment) und auch gerne in umgekehrter Reihenfolge.

Der Meister James im Resort macht Sylke jeden Tag vor, was man alles mit ein bisschen Übung anstellen kann auf der Matte. Der Bart dient als dritter Haltepunkt. Kein Wunder dass Sylke die Übung nicht hinkriegt.

Aber natürlich haben wir uns auch jede Menge Attraktionen gegönnt, denn es gibt hier ein umfangreiches Kulturprogramm im Resort (nur nochmal zur Erinnerung: Kein Fernsehen, kein nennenswertes Internet, keine Bar, keine Party, kein Jetski, kein Bananenboot, keine Animation, nichts, niente, zero. Dafür Ommm in allen Tonlagen).

Eine Ausnahme bilden die akrobatischen Darbietungen dieses Herrn. Alle Kokospalmen im Garten des Resorts müssen gepflegt werden und es sind einige. Das macht ein Mann und der macht das wie vor 100 Jahren. Sieht aber auch so aus, als ob er schon so alt wäre.

Also diese Woche gabs eine klassische, indische Tanzvorführung mit 2 hübschen Mädchen und einem -Sylke meinte „sehr femininen“ – jungen Mann und eine original indische Geigendarbietung. Bei beiden Veranstaltungen waren wir nach ungefähr 20 Minuten noch die einzigen Zuschauer und wir hatten Probleme ebenfalls zu gehen, weil wir ja so ein gutes Herz haben. (Der Knackpunkt ist tatsächlich, dass die Musik für unsere Ohren schräg und aus dem Takt klingt und sich die Darstellung mangels Info einfach nicht erschließen lässt.)

Nach 20 Minuten war ein Dreigang-Menu fertig. Keine Kunst, es war ja alles schon vorbereitet.

Die Kochdemonstration von Gerichten, wie wir sie auch jeden Tag zu essen bekommen wie Snakegourd Thoran, Dal Spinach, Vegetable Pulao, war da schon interessanter. Immerhin gab es ein leckeres Ergebnis, das wir auch probieren durften.

Mangels weiterer Angebote haben wir uns, wie viele andere Resortgäste dann abends aufgemacht in die Shoppingzeile vor dem Hotel. Die sieht ungefähr so aus: Gewürzladen, Teppichladen, Schneiderei, Souvenirladen. Das wiederholt sich auf ca. 500 Metern links und rechts. Nein, keine Bar, kein Restaurant, keine Disco nix. Danach kommt die Diaspora, also das Dorf mit so attraktiven Läden wie dem schon beschriebenen Brillenfachmann.

In der Einkaufsmeile liegt der Laden unseres Schneiders. (Siehe Beitragsbild) Die Nähmaschine steht draußen unter den Musterklamotten (sieht man leider nicht). Aber hier sieht man Uwe beim Verhandeln über Qualität und Preis.

Was macht die Shoppingzeile aber so attraktiv? Nun, man kann sich für einen schmalen Taler ein Hemd, eine Hose, ein Kleid oder gleich einen ganzen Anzug maßschneidern lassen. Dabei kommt man mit den Einheimischen ins Gespräch, kann ein bisschen feilschen, Stoffe aussuchen und so den Abend ausklingen lassen. Hammer!

Seit ein paar Tagen ist es aus mit Schwimmen im indischen Ozean. Aus welchen Gründen auch immer gibt es sehr große Wellen. Wir dürfen noch in die Gischt, aber die Bademeister pfeifen jeden Inder zurück, wohl wissend dass sie nicht schwimmen können. Das zeigt sich schon daran, dass niemand Bikini oder Badehose trägt.

Großes Problem allerdings für Frauen: Wer seinen Bikini zu Hause vergessen hat, kann weder einen kaufen noch sich einen schneidern lassen. Ersteres weil ein Bikini unzüchtig ist (alle einheimische Frauen tragen am Strand Hosen, darüber einen Sahree o.ä.) und frau vergebens nach einem Laden sucht, zweiteres, weil die Stoffe bei den Schneidern alle ungeeignet sind oder hat es jemand schon mal mit einem Leinenbikini probiert?

Die hohen Wellen der letzten Tage haben aus dem kleinen Tümpel am Strand einen See gemacht. Sieht aus wie aus dem Bilderbuch. Die Backwaters hatten wir also praktisch vor der Tür. Wozu noch hinfahren?

Aber war da nicht noch eine besondere Attraktion in unserem Aufenthalt inkludiert? Stimmt! Eine Bootsfahrt in den Backwaters hätten wir an einem Nachmittag noch machen können. Uwe war allerdings strikt dagegen. „Das haben wir schon erlebt, sogar mit Übernachtung auf dem Boot“. Als Alternative gabs eine Fahrt zu den Tempeln in Trivandrum. Heisst eigentlich Thiruvananthapuram und ist die politische Hautstadt von Kerala. Wir also aus unserer beschützten Enklave mit einem freundlichen, aber ebensowenig verstehbaren Fahrer am Mittag aufgebrochen. Sylke immer: „Hast Du ihn verstanden?“ Uwe: „Nein“, Sylke: „Warum antwortest du ihm dann immer mit Yes und Ok?“. Uwe: „Ich hab das Gefühl, was anderes versteht er wahrscheinlich nicht“. Jedenfalls steigerte sich die Dichte auf den Strassen je näher wir der Stadt kamen und im Zentrum wollten wir dann eigentlich gleich wieder umdrehen. Was für ein Chaos. Wir kannten es ja, aber hatten völlig vergessen in unserem Ayurveda Kloster, wie die Realität hier aussieht.

Kein Zutritt für Nichthindus! Und für alle Hindus gilt: Keine Hose, kein Shirt, keine Schuhe, keine Kamera, keine Tasche…Wie kommt man dann da rein? Nun, die Herren mit nackten Oberkörper, einem vor Ort auszuleihenden Modi (einem Wickelrock) und Barfuss.

Unser erster Stop: Der Padmanabhaswamy Tempel. Ein Vishnu Tempel, der streng bewacht wird. Warum? Die Erbauer waren die Könige von Travancore. Die Familie konnte für den Tempel nicht mehr aufkommen und musste ihn dem Bundesstaat Kerala übergeben. Danach wurde Inventur gemacht und siehe da: In einem vergessenen Kellergewölbe wurden Schätze (Diamanten, Gold, Edelsteine, Artefakte) im Wert von 15 Milliarden Dollar gefunden. Dumm gelaufen für die Königsfamilie.

Beim zweiten Stop haben auf zig Bühnen alle möglichen Gruppen in einer Trommelfell marternden Lautstärke ihre Auftritte geprobt. Hier die Mitarbeiterinnen der Tempelverwaltung bei ihrer Darbietung.

Der zweite Stop: Noch ein Hindutempel. Auch riesig, aber leider komplett umbaut mit Bühnen und Buden, so dass davon nichts zu sehen war außer: Tausende von Menschen, die ihre jeweilige Darbietung für das Tempelfest am 25.2. übten. Ein Gedränge, eine Lautstärke ein Chaos. Nichts wie weg!

Der Gemüsehändler war ganz stolz auf sein Angebot und wollte unbedingt, dass ich das Foto mit ihm mache. Alle Gemüsesorten auf dem Bild gibt es gekocht, gegrillt, gebraten auch im Resort zum Essen.

Dritter Stop: Der Chalai Bazaar. Hier gings zu wie auf einem Markt am Nachmittag eben. Das meiste war schon verkauft. Allerdings waren wir dann doch ein bisschen erstaunt, denn wir hatten es nicht glauben wollen: Alles was es in unserem Resort zu essen gibt, gabs auch hier auf dem Markt. Es stimmte also, was der Küchenchef erzählte: Nur saisonale Produkte, alles aus der eigenen Farm und kurze Wege.

Ein Hauptbestandteil indischer Küche (nicht so sehr in Kerala) ist Chili. Eine Frau kam vorbei und hat eine ganze Einkaufstüte voll gekauft. Sylke fragte für wie viele Personen das reichen würde? Nur für zwei und auch nur einen Monat, war die Antwort.

Nach der ganzen Aufregung waren wir dann froh, wieder auf dem Weg in unser Domizil zu sein.

Die klösterliche Abgeschiedenheit hier wird manchmal, nach dem Ende des Tempelfestes, durch Veranstaltungen der christlichen Gemeinde unterbrochen. Mancher deutsche Pfarrer würde sich so eine Gemeinde wünschen. Da wäre die Kirche voll. Immer Freitags ist am Strand vor dem Resort unter dem Jesus ein Gottesdienst und alle aus dem Dorf kommen zur Andacht.

Am nächsten Tag gabs dann noch eine Küchenführung und anschließend haben wir das gemacht was alle hier machen: Uns ganz unaufgeregt ein paar Klamotten schneidern lassen in der Einkaufszeile vor dem Resort.

Namaste!

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