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Mein Freund hat das Gefühl, dass er schon drei Monate unterwegs ist. Die Tage ziehen sich irgendwie. Ein „Stadtbummel“ ist wirklich eine Herausforderung, keine wirkliche Offenbarung. Liest man Reiseführer, wird geworben mit „Die Düfte von Kardamom und Zimt umgeben dich wie eine flauschige Decke. Im satten Grün des Dschungels hörst du die Stimmen von unendlich vielen Vögel. Lass dich ein auf alles Fremde und sei neugierig.“ (Das habe ich jetzt zwar alles erfunden, aber so ähnlich steht es überall geschrieben.) Die Wirklichkeit sieht so aus: 

Die Stulpen sind gegen die Blutegel. Aber letztlich gab es nicht einen, den wir hätten abwehren müssen. Da sind wir Schlimmeres gewohnt. Nur die Harten kommen in den Garten.

Um 7.00 steht der Fahrer mit einem Guide (wahrscheinlich von der Agentur zugebucht, weil wir uns über das Englisch unseres Fahrers beschwert haben…) und fährt uns 400 m an das Eingangstor des Nationalparks „Periyar Tiger Reserve“.

Unser Guide aus einem Stamm der hier lebt (300 Menschen) kann mit dem Nachbarstamm (500 Menschen) nicht reden. Sie sprechen unterschiedliche Sprachen. Er muss also auch mit dem Trainee Hindu und nicht seine eigene Sprache sprechen. Hier lauschen wir gerade einem Specht. Gesehen haben wir ihn nicht, aber verstanden.

Dort bekommen wir Stulpen übergestreift, damit uns niemand in die Waden beißt (Kennen wir schon von Nepal, nicht die Stulpen, aber die Viecher, die gerne in die Wade beißen: Blutegel). Unser neuer Guide übergibt uns an einen Wildlife – Guide für die Dschungel Tour, nicht ohne uns gesagt zu haben, dass wir unbedingt ein Trinkgeld geben sollten, weil er zu einem speziellen Stamm hier aus der Gegend gehört. Der neue Wildlife Guide sagt, dass er noch einen Trainee – Guide mitnimmt. Also winken wir dem Fahrer, unserem Englisch – Guide und ziehen mit dem Wildlife – Guide und seinem Trainee in den Dschungel.

Die Bisons sind schon stattliche Tiere. Ob die wirklich „wild“ waren, wagen wir zu bezweifeln.

Seltsam, der Trainee geht in Flip Flops und wir super geschützt bis an die Knie. Der Dschungel  fühlt sich an wie ein Spaziergang durch Brandenburger Wald, wir sehen ein Eichhörnchen (Guide: „Sehr selten du kannst glücklich sein, dass du das Eichhörnchen gesehen hast.“). Wir sehen zwei Vögel (Guide: „Noch seltener, du kannst sehr glücklich sein.“) Wir sehen ein paar Bisons. („Ganz gefährlich! Geh nicht zu nahe dran!“ Der Hirte stand 100 m entfernt). Wir sehen zwei Affen. 3 Stunden später waren wir wieder im Hotel.  Ein bisschen ernüchtert. Den Dschungel in Indien hatte ich mir anders vorgestellt.

Das „Eichhörnchen“ sah eher aus wie eine Riesenratte mit Buschschwanz. Frisst aber nur Rinde.

Der Nationalpark ist berühmt für seine Bengal – Tiger, aber nicht mal unser Guide hat jemals einen gesehen. Der Nationalpark ist so groß wie ein Drittel des Saarlandes und die 45 (wer hat die gezählt?) Tiger sind in einem Areal, wo die Menschen gar keinen Zutritt haben. Aber Tiger im Namen des Nationalpark zu verwenden, zieht natürlich sehr viele Touristen an. Daher auch das Beitragsbild. Natürlich abfotografiert vom Plakat im Nationalpark. Auch wir können Fake News.

Unsere Bügelfetischistin Sylke hat sich natürlich sofort mit dem örtlichen Vorbügler zusammen getan. Der macht sein Handwerk noch mit einem Kohlebügeleisen. Heiss!

Dann schlendern wir ein bisschen durch die Shopping – Straße des Touriortes hier, heisst Thekkady. Es ist sehr warm, Gewürzladen reiht sich an Gewürzladen. Alles ziemlich ernüchternd. Bei einem Stopp am Mittag meint Uwe: „Irgendwie könnte ich schon nach Hause fahren. Wie viele Monate sind wir schon unterwegs? Zu Hause gehe ich in einen Irish Pub und gern auch mal zu unserem Inder im Dörfchen.“

Kerala, der Bundesstaat hier, wird inzwischen regiert von der kommunistischen Partei. Das scheint niemand zu stören, außer wahrscheinlich Herrn Modi in Neu Dehli. Dass aber olle Che wieder für die Jugendorganisation der Kommunisten herhalten muss ist ein bisschen fragwürdig… Übrigens in der Mitte hat man die übliche Madonnenstatue einfach aus dem Schrein entfernt. Passt ja auch nicht so richtig zur Gesinnung.
Da war in unserer Unterkunft mehr los: „Die Affen rasen durch den Wald“ vor unserer Tür. Die Jungs vom Hotel haben versucht sie zu verscheuchen, aber keine Chance. Die Viecher sind dreister als dreist.

Nachmittags werden wir wieder abgeholt. Wir fahren wieder 400 m. Dann steigen wir um in einen Bus. Wir fahren zum „Hafen“. Also an einen See im Nationalpark.

Sicher ist sicher. Dabei waren wir nie mehr als 50 Meter vom Ufer entfernt.
Da mussten wir beide dann doch ein bisschen lachen.

Das Boot hat so ein Flair, wie ein Flüchtlingsboot über das Mittelmeer. Alles eng und zu allem Überfluss werden wir nur mit mit „Schwimmwesten“ befördert. Ai WeiWei würde daraus ein Kunstwerk machen. Ich habe gelesen, dass vor Jahren in Indien bei einer Elefanten – Sichtung alle Passagiere bei so einer Tour auf eine Seite gerannt sind und das Boot dann gekentert ist. Mit vielen Toten. Daher wahrscheinlich die Übervorsichtsmaßnahmen. Das versprach heiter zu werden.

Auf jeden Fall gab es viel Dschungel und ab und zu auch einen Hirsch oder ähnliches.

Wir haben zum Glück keine aufregenden Tiere gesehen. Ein paar Elefanten weit, weit weg, aber das ging schon ein Stöhnen und Aufspringen durchs Boot….

Vielleicht noch bemerkenswert: Wo immer wir hinkommen scheint es zu brennen. Das sah diesmal aber nicht nach einem „Controlled Fire“ aus. War aber von der Richtung her mitten im Nationalpark.

Schließlich sind wir noch, das Highlight des Tages, in ein ziemlich neues Restaurant gepilgert. Durchschnittlich gibt es hier zwar keinen Notstand an Restaurants. Alle möglichen an jeder Ecke, mal mehr, mal weniger vertrauenswürdig. Allen mangelt es jedoch an einer entscheidenden Zutat: Bier bzw. Wein. Die Steuern auf Alkohol sind hier so hoch, dass sich dieses Problem die durchschnittliche Kneipe nicht ans Bein bindet. Gefühlt gibt es daher im ganzen Ort nur 2 Restaurants in denen man zum Essen ein Bier bekommt (Wein ist so schlecht und so teuer, dass das keine Option ist). War aber lecker, beides, das Essen und das Bier.

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4 Responses

  1. Ihr seid so witzig und liefert beste Unterhaltung. Bitte reist weiter und weiter, nein – nicht nach Hause, Uwe! Falsche Richtung, ganz falsche Richtung ☝🏻👍😂😂😂

  2. Das war sicher der witzigste Eintrag, den ich je gelesen habe bei euch und nicht nur, weil ich ein Glas guten deutschen Weißwein intus habe. Ihr geht doch zur kur?! Da ist Entspannung oder Langeweile Programm. Gute Erholung!

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